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Une analyse des politiques de coalition qui donne une large part à celles de Rosa Luxemburg. Extrait reproduit ci-dessous.

Zur Koalitionspolitik sozialistischer Parteien, Theodor Bergmann. Une analyse des politiques de coalition qui donne une large part à celles de rosa Luxemburg.

http://www2.chuo-u.ac.jp/houbun/sympo/rosa_confe2007/pdf/papers/Bergmann.pdf

 

Mit der Veröffentlichung der wichtigsten Arbeit von Eduard Bernstein 1898 wurde zum ersten Mal deutlich, dass das offizielle Bekenntnis der SPD zum Marxismus und zur revolutionären Beseitigung des kapitalistischen Staates nicht den Vorstellungen aller Sozialdemokraten entsprach. Der Kompromiss vom Vereinigungsparteitag von Gotha(1875) war damit aufgekündigt. 8 Jahre nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes hatte die SPD in der neuen Legalität beträchtliche Wahlerfolge erzielt, ebenso die freien Gewerkschaften. Ein revolutionärer Umsturz schien manchen Funktionären und Mandatsträgern nicht mehr notwendig. Einige extrapolierten bald, wann man im DeutschenReichstag die Mehrheit erreicht haben würde, um dann den Sozialismus per Gesetzeinzuführen. Rosa Luxemburg war die erste, die der neu auflebenden revisionistischenStrömung entgegentrat, weil sie die tiefere Bedeutung dieses Anti-Marxismus klar erkannte. Zudem gab es bald nach Bernsteins neuerer These einen konkreten Anlass, sich mit dem Problemkreis zu beschäftigen – den Eintritt von Alexandre-Etienne Millerand 1898 in das Pariser Kabinett von Ministerpräsident Waldeck-Rousseau.

 

In der nun beginnenden Debatte ging es um zwei Fragen, die eng miteinander verbunden sind: Stellung zum bürgerlichen Staat und Teilnahme an Regierungen. Diese Fragen haben in der hundertjährigen Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung eine große Rolle gespielt und und haben bis heute ihre Aktualität bewahrt. Ich möchte sie als wesentliche Kriterien für Strategie und Taktik proletarischer Parteien und als ebensowesentliche Kriterien für das Verständnis der großen Niederlagen der deutschenArbeiterklasse ansehen.

 

1. Kritik des Revisionismus

 

Rosa Luxemburg war vermutlich zum ersten Mal in Stuttgart zum Parteitag der Sozialdemokratie, der vom 3.–8. Oktober 1898 stattfand; das dürfte auch ihr erster öffentlicher Auftritt auf einem Parteitag gewesen sein. Bereits hier gab es eine intensive Auseinandersetzung nicht nur mit Eduard Bernstein, sondern noch schärfer mit den revisionistischen Tendenzen einiger führender Parteigenossen, u.a. Konrad Schmidt und Wolfgang Heine. In einer Zeit verschärfter Gesetze gegen die Sozialdemokratie und gegen die Gewerkschaften (nach Aufhebung der Sozialistengesetze von 1878) boten sie der Reichsregierung trotz der kaiserlichen Sondergesetze gegen die Arbeiterbewegung (Anarchistengesetze) Zusammenarbeit und Konzessionen an. Luxemburg wendet sich gegen den Kuhhandel, bei dem die Arbeiterklasse nur Versprechungen bekommt, und fordert, den außerparlamentarischen Druck zu organisieren. U.a. erklärt sie in dem Resumé der Debatten des Parteitages:„(Heine) kennt und bemerkt aber nicht das einzige dritte Kampfmittel, das spezifisch von der Sozialdemokratie geschaffen wurde, die neue Potenz, der wir unsere bisherigen Erfolge verdanken und auf die wir in weiteren Kämpfen vor allem rechnen müssen – die Macht des Klassenbewusstseins des Proletariats. Für Heine sind diese Worte einfach eine Phrase.“(GW 1/1, S. 251)9

 

Dieses Klassenbewußtsein entwickelt sich nach Luxemburg durch geduldige Aufklärung und den täglichen Klassenkampf. Sie verweist auf Lassalles berühmtes Wort(von 1848) :„Verfassungsfragen sind ursprünglich nicht Rechtsfragen, sondern Machtfragen; die wirkliche Verfassung eines Landes existiert nur in den reellen, tatsächlichen Machtverhältnissen, die in einem Land bestehen; geschriebene Verfassungen sind nur dann von Wert und Dauer, wenn sie der genaue Ausdruck der wirklichen, in der Gesellschaft bestehenden Machtverhältnisse sind.

 

Dieser Satz stellt den Gegensatz dar zu den nun offen auftretenden Revisionisten, die auf das Endziel, den Sozialismus, verzichten und schon in der „Bewegung“ mit dem Kapitalismus kompromisseln. Denn damit verzichten sie auch auf jede Veränderung der Gesellschaft.

 

Luxemburg schließt den Diskussionsbeitrag auf dem Parteitag mit den Worten : „Auch wer das sagt(Das Endziel ist nichts), steht nicht auf dem Standpunkt der Notwendigkeit der Eroberung der politischen Macht. Sie sehen, dass manche Genossen nicht auf dem Standpunkt des Endziels unserer Bewegung stehen; und darum ist es nötig, das zum klaren, unzweideutigen Ausdruck zu bringen: und wenn es je notwendig war, sogerade jetzt. Die Schläge der Reaktion sausen hageldicht auf uns herab. Auf die neueste Rede des Kaisers muss die Antwort in der Debatte gegeben werden. Klipp und klar müssen wir sagen, wie der alte Cato: Im übrigen bin ich der Meinung, dass dieser Staat zerstört werden muss. Die Eroberung der Macht bleibt das politische Endziel, und das Endzielbleibt die Seele des Kampfes. Die Arbeiterklasse darf sich nicht auf den dekadenten Standpunkt des Philosophen stellen: ‚Das Endziel ist mir nichts, die Bewegung ist mir alles‘; Nein, umgekehrt: Die Bewegung als solche ohne Beziehung auf das Endziel, die Bewegung als Selbstzweck ist mir nichts, das Endziel ist uns alles.“

 

In ihren „Nachbetrachtungen zum Parteitag“(1898) fasst sie ihre Position zusammen:„Die Rolle der Sozialdemokraten im bürgerlichen gesetzgebenden Körper ist von vorneherein ein Verhältnis, das mit inneren Widersprüchen behaftet ist. An der positiven Gesetzgebung womöglich mit praktischem Erfolge teilnehmen und zugleich den Standpunkt grundsätzlicher Opposition zum kapitalistischen Staate auf jedem Schritt zur Geltungbringen – das ist im allgemeinen Umriss die schwierige Aufgabe unserer parlamentarischen Vertreter... Das Reden durch das Fenster des Parlaments zum Volke ist darum die eigentliche Aufgabe der sozial- demokratischen Fraktion.“(Nachbetrachtungen, GW 1/1, S.251)

 

1899 kommt sie nochmals auf die Frage zurück. Sozialdemokraten müssten auch imbürgerlichen Staat „alle erreichbaren Positionen einnehmen... Allein als Voraussetzung gilt dabei, dass es Positionen sind, auf denen man den Klassenkampf, den Kampf mit der Bourgeoisie und ihrem Staate führen kann.“(Eine taktische Frage, GW 1/1, S. 484) Diese Ablehnung des bürgerlichen Staates finden wir wieder in ihrem Beitrag auf dem Internationalen Sozialistenkongress 1907 in Stuttgart. Auf ihren Vorschlag kommt in dieAntikriegsresolution folgender Satz:

 

„Droht der Ausbruch eines Krieges, so sind in den beteiligen Ländern die Arbeiter und ihre parlamentarischen Vertreter verpflichtet, alles aufzubieten, um den Ausbruch des Krieges durch Anwendung entsprechender Mittel zu verhindern... Falls der Krieg dennochausbrechen sollte, sind sie verpflichtet, für dessen rasche Beendigung einzutreten und mit allen Kräften dahin zu wirken, um die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche undpolitische Krise zur politischen Aufrüttelung der Volksschichten und zur Beschleunigungdes Sturzes der kapitalistischen Klassenherrschaft auszunutzen.“(GW 2, S. 236)

 

Ein weiteres Mal kam sie 1911 nach Stuttgart und hielt am 7. Oktober einen Vortrag zumThema „Dem Weltkrieg entgegen“. Sie schildert die Kriegsvorbereitungen beider Seiten,besonders die der deutschen Regierung, und auch die Folgen für die Belastung der Werktätigen. Ihren antimilitaristischen Vortrag schließt sie mit den Worten Bebels auf dem Dresdner Parteitag 1903: „Ich bin und bleibe ein Todfeind der bürgerlichen Gesellschaft.“(GW 3, S. 65)

 

So setzt sich ihre revolutionäre Gegnerschaft gegen den kapitalistischen Staat logisch fort inihrer konsequenten Gegnerschaft gegen den imperialistischen Krieg, den das Kaiserreich1914 beginnt. Ebenso konsequent führt der Revisionismus den größten Teil des Apparatsvon Partei und Gewerkschaften an die Seite des deutschen Militarismus. Eduard Bernsteinverlässt allerdings die Partei und schliesst sich der Opposition an.

 

2. Wider dem Millerandismus

 

Der zweite Anlass zur Grundsatzdebatte ist der Eintritt von Alexandre-Etienne Millerand indie französische Regierung. Luxemburg ist auch in dieser Streitfrage, wegen derer sich diefranzösische sozialistische Partei spaltet, die erste, die das Problem analysiert und die Regierungsbeteiligung von Sozialisten im Kapitalismus ablehnt. Millerand begründet seinen Schritt, der von der Partei nicht gebilligt wurde, mit der Gefahr eines Militärputsches gege ndie republikanische Regierung und mit der Notwendigkeit, die bürgerliche Demokratie(als besten Kampfboden für die Werktätigen)zu verteidigen. In einer Artikelserie in der Neuen Zeit unter dem Titel „Die französische Krise“ behandelt sie mit großer Faktenkenntnis diepolitischen Handlungen der Regierung Waldeck-Rousseau und zeigt, dass Millerand keine Maßnahme zugunsten der Arbeiterklasse durchgesetzt hat.

 

Luxemburg schildert sehr sachlich die Gründe, die Jean Jaurès für den Regierungseintrittangibt: Verteidigung der Republik, soziale Reformen und: Es müsse ein Übergangsstadium(geben), in dem die politische Herrschaft von der Bourgeoisie und dem Proletariatgemeinsam ausgeübt wird.(GW 1/1, S.12)Aber sie sieht als erste Konsequenz desMinisterialismus den „Verzicht... auf die politische Aufklärung und Erziehung der Massen“ aus Koalitionsdisziplin(S.33)Denn: Die „Zentralgewalt(ist)vor allem ein Organ der Aktion, dessen Lebensfähigkeit auf innerer Homogenität beruht“(S.58). Minister können also natürlich keine Opposition betreiben, wie sie später zusammenfasst.

 

Völlig anders sei die Lage in den Städten. Zwar müssten Gemeinden auch staatliche Aufgaben ausführen und bürgerliche Gesetze anwenden. Aber es gebe einen historischen Gegensatz der lokalen Selbstverwaltung zur Zentralgewalt in den Aufgaben(eine„Arbeitsteilung“):„Zentralgewalt und Gemeinde sind deshalb historisch zwei entgegengesetzte Pole in derheutigen Gesellschaft.“(S.62)

 

Daraus lässt sich folgern, dass man wohl Bürgermeister(auf der Basis einer proletarischen 1 In der Weimarer Republik(vor 1933)hat es in Sachsen und Thüringen einige Industriegemeinden gegeben,in denen die Mehrheit der Gemeinderäte Kommunisten oder Sozialdemokraten als Bürgermeister gewählthatten. Diese haben dann aus den städtischen Finanzen z.B. Streiks unterstützt.9 Mehrheit im Gemeinderat)sein darf, aber nicht Minister.(1) Und sie schließt ihre Analyse des Millerandismus mit einer optimistischen Note ab: „Die Erfahrungen mit dem Ministerium Waldeck-Millerand sind geeignet, der gesamten internationalen Sozialdemokratie die Lust an opportunistischen Experimenten zu verderben.“(S.73)

 

Diese Taktik würde die deutsche Partei nicht kopieren. In diesem Optimismus täuschte sies ich. Schon im September 1900 wird die Frage erneut auf dem InternationalenSozialistenkongress in Paris debattiert; und in einer von Karl Kautsky vorbereiteten Resolution wird die Koalitionspolitik nicht prinzipiell abgelehnt. Über Beteiligung an einerbürgerlichen Regierung sei von Fall zu Fall zu entscheiden. Zwar verstärken sich die reformistischen Tendenzen, besonders im Deutschen Reich; der theoretische Graben zwischen Reformisten und Marxisten wird immer tiefer. Aber erst 1914 zeigen sich die Folgen des Revisionismus in aller Deutlichkeit. Und der ideologische Riss musste zur organisatorischen Trennung führen; diese die Fronten klärende Spaltung kann durchaus als historischer Fortschritt im Prozess der Entwicklung des Proletariats aus der Klasse an sich zur Klasse für sich verstanden werden

 

3. Von der Koalition zur Tolerierung

 

Seit 1914 haben sozialdemokratische Parteien immer öfter an bürgerlichenRegierungskoalitionen teilgenommen, manchmal auch solche Koalitionen geführt. Aber ihr Versprechen 1919, wir würden „friedlich in den Sozialismus hineinwachsen“, hat sich in keinem Land verwirklichen lassen. Ein geraffter historischer Überblick für Deutschland zeigt uns das gegenteilige Ergebnis.

 

Die erste Regierung nach 1918 verbündete sich mit dem besiegten Militär und schlug den Revolutionsversuch blutig nieder. Der Weg der deutschen Konterrevolution war eine breiteB lutspur, die nach den Kommunisten auch Sozialdemokraten und bürgerliche Demokratendas Leben kostete. 1923 schickte Reichspräsident Friedrich Ebert, SPD, die Reichswehrgegen legale Landerregierungen von SPD und KPD in Sachsen und Thüringen, ließ diesevom Militär absetzen. Auch hier eine breite Blutspur als Ergebnis. Auf die Lehren des Oktober 1923 werde ich später zurückkommen.

 

1928 bildete Hermann Müller, SPD, eine Koalitionsregierung mit den bürgerlichen Demokraten und der Zentrumspartei. 1930 stürzten die bürgerlichen Parteien die RegierungHermann Müller. Danach tolerierte die SPD die folgenden bürgerlichen Regierungen; denn sie wollte „Schlimmeres verhüten“, nämlich die Machtübergabe an die Nationalsozialisten. Daher verzichtete sie auf jede wirkliche Eigenaktivität, überließ der Bourgeoisie die Regierung der bürgerlichen Demokratie, einer Bourgeoisie, die längst auf diese Demokratieverzichtet hatte. Die Tolerierung schon antidemokratischer bürgerlicher Regierungen, die„Politik des kleineren Übels“ führte logisch zur widerstandslosen Kapitulation vor dem„legalen“ faschistischen Staatsstreich am 30. Januar 1933.

 

Der Weg der schrittweisen Eroberung der Macht führte in Wirklichkeit über Koalition und

Tolerierung statt des „friedlichen Hineinwachsens in den Sozialismus“ zur Kapitulation und zum Sieg der blutigsten Konterrevolution und zum blutigen zweiten Weltkrieg. Die kommunistischen Parteien in den kapitalistischen Ländern Europas und insbesonderedie USPD folgten bis etwa 1924 nach einer längeren Periode „ultralinker Kinderkrankheiten“ der Taktik, die von Rosa Luxemburg und von Lenin vorgeschlagen wurde. Auf dem Gründungskongress der KPD Ende 1918 waren Rosa Luxemburg und ihre Freunde noch in der Minderheit geblieben; die schnell im kurzen revolutionären Aufbruchradikalisierten Genossen lehnten die Wahlbeteiligung ab. Diese Phase war 1920 überwunden. Aber 1924 begann die erste, kürzere ultralinke „Bolschewisierung“; diese wurde 1925 aufgegeben, und bis Anfang 1928 war die KPD zur Einheitsfront mit der SPD außerhalb des Parlaments bereit.

 

1 In der Weimarer Republik(vor 1933)hat es in Sachsen und Thüringen einige Industriegemeinden gegeben,in denen die Mehrheit der Gemeinderäte Kommunisten oder Sozialdemokraten als Bürgermeister gewählthatten. Diese haben dann aus den städtischen Finanzen z.B. Streiks unterstütz

2 Über den Widerstand der illegalen Kommunisten gegen die Wende zur Volksfrontpolitik siehe Bergmann(2006)und Coppi(2006).

 

 

 

 

Tag(s) : #Réformisme. Rosa Luxemburg
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